Durchfuhren durch Russland  –  Änderungen durch das 10. EU-Sanktionspaket 

Am 25. Februar 2023 veröffentlichte die Europäische Union in ihrem Amtsblatt das 10. Sanktionspaket gegen Russland. Anlass ist die anhaltende Aggression Russlands gegen die Ukraine. Mit den neuen EU-Maßnahmen werden nun erstmals auch Durchfuhren durch Russland sanktioniert bzw. gänzlich verboten. 

Dies betrifft auch Unternehmen, die nicht (mehr) nach Russland exportieren, da die Güter dieser Unternehmen dennoch durch Russland transportiert werden können. Folglich müssen sich die Unternehmen intensiv mit der Organisation ihrer logistischen Prozesse auseinandersetzen, um sicherzustellen, dass keine Durchfuhr ihrer Güter durch das Hoheitsgebiet Russland stattfindet. Die Herausforderung: Da viele Unternehmen nicht (mehr) im Russlandgeschäft tätig sind, kennen sie die Sonderregelungen des 10. Sanktionspakets nicht. 

Es geht um die folgende Regelung aus dem 10. EU-Sanktionspaket: 

Um Umgehungen des Russland-Embargos zu vermeiden, gilt ein Durchfuhrverbot Russlands bzgl. Dual-Use- und Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und wesentlichen Komponenten sowie Munition (Art. 2 Abs. 1a sowie Arti. 2aa).  

VERORDNUNG (EU) 2023/427 DES RATES vom 25. Februar 2023 

Die EU sieht jedoch zwei Ausnahmen vor, die die Durchfuhr erlauben.  

Ausnahme Nr. 1: 

„(3) Unbeschadet der Genehmigungspflichten nach Verordnung (EU) 2021/821 gelten die Verbote gemäß den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels nicht für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck oder für die Bereitstellung von damit verbundener technischer Hilfe und Finanzhilfe für nichtmilitärische Zwecke und für nichtmilitärische Endnutzer, wenn die Güter und Technologien bestimmt sind für 

a) humanitäre Zwecke, gesundheitliche Notlagen, die dringende Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird, oder für die Bewältigung von Naturkatastrophen,

b) medizinische oder pharmazeutische Zwecke,

c) die vorübergehende Ausfuhr von Gegenständen zur Verwendung durch Nachrichtenmedien,

d) Softwareaktualisierungen,

e) die Verwendung als Verbraucherkommunikationsgeräte,…“

VERORDNUNG (EU) 2022/328 DES RATES vom 25. Februar 2022 

Ausnahme Nr. 2
(sieht eine Genehmigungsmöglichkeit durch die Behörden bei den Artikel Absatz 4 b, c, d und h vor) 

„b) für die zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei Raumfahrtprogrammen bestimmt sind, 

c) für den Betrieb, die Instandhaltung, die Wiederaufbereitung von Brennelementen und die Sicherheit ziviler nuklearer Kapazitäten sowie für die zivile nukleare Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der Forschung und Entwicklung, bestimmt sind,

d) für die maritime Sicherheit bestimmt sind,

h) für die Gewährleistung von Cybersicherheit und Informationssicherheit für natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen in Russland mit Ausnahme der Regierung Russlands und der Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar von dieser Regierung kontrolliert werden, bestimmt sind.“

Bei Vorliegen dieser Konstellationen müssen Anträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden. 

Zivile Güter sind von dieser Regelung nicht betroffen! 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der betroffenen Unternehmen müssen für die neuen Regelungen des 10. Sanktionspakets besonders sensibilisiert sein. Dies gilt insbesondere für die Supply-Chain-Organisation und die Logistik, die die Transportwege am besten einschätzen können und über die notwendigen Kontakte zu den Dienstleistern verfügen. An dieser Stelle noch einmal der Hinweis, dass auch Unternehmen, die nicht im Russlandgeschäft tätig sind, von den Regelungen betroffen sind! 

Es stellt sich für die Unternehmen damit auch die Frage, wie sie sowohl in der innerbetrieblichen Organisation als auch vertragsrechtlich gegenüber Dienstleistern diese neue Compliance-Hürde meistern. 

Schulungen zum Thema sind ein schneller Weg, um das Wissen über die EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus auf den neuesten Stand zu bringen. 

Sollten Sie Fragen zu den neuen Bestimmungen des 10. Sanktionspakets der EU haben, steht Ihnen das Beraterteam der AWB Consulting GmbH selbstverständlich gerne mit Rat und Tat zur Seite! 

Frank Görtz
Frank GörtzGeschäftsführer